Festakt zum 100. Geburtstag des Künstlers Erich Schickling
Ulrike Meyer am 21. Juni 2024
Markus Noichl in MZ vom 12.06.24
Ein Ort, der der Seele gut tut
Bei der Feier zum 100. Geburtstag von Erich Schickling in Eggisried würdigen Redner dessen Wirken. Warum sie seine Wirkungsstätte im Günztal als „Kraftort“ und Gesamtkunstwerk“ bezeichnen.
Als „Gesamtkunstwerk“ und „Kraftort“ würdigte der Unterallgäuer Landrat Alex Eder das Anwesen der Schickling-Stiftung bei der Jubiläumsfeier zum 100. Geburtstag von Erich Schickling und gleichzeitig 25-jährigen Bestehen der Stiftung. Die anderen Festredner fanden ähnliche Worte. Es tue „der Seele gut“, hier zu sein, gerade in Zeiten des „digitalen Sturms“, sagte Klaus Holetschek, Vorsitzender der CSU-Fraktion im bayerischen Landtag, auch Kuratoriumsmitglied der Schickling-Stiftung.
Petra Beer, stellvertretende Präsidentin des Bezirks Schwaben, würdigte Schicklings Kunst als „dem Menschen zugewandt“ und bis heute relevant. Und Ottobeurens Bürgermeister German Fries sah in den vom Licht durchfluteten Glasbildern das Symbol schlechthin für Transparenz, Transzendenz und Spiritualität.
Als zwischendurch der Regen aufs Glasdach prasselte, wurde das von der Stiftungs-Vorsitzenden Ulrike Meyer humorvoll als „Segen von oben“ gedeutet.
Dass die Würdigung dieses Platzes als „Ort der Begegnung und Einkehr“ keine Phrase war, zeigte sich in allen Reden, die von Tiefgang und persönlichen Worten geprägt waren. Dr. Georg Bayerle, der vom BR bekannte Kulturwissenschaftler und -vermittler, widmete sich bei seiner Vorstellung des Schickling-Bildbandes dem Schickling-Zitat „Mit den Augen trinken wir“. Verleger Josef Fink stellte die Mitarbeiter an diesem Band vor, vom Fotograf bis zur Grafikerin (die teilweise bis aus Berlin extra zu diesem Termin angereist waren), und nannte das Ergebnis ein Herzstück seiner Arbeit mit 1800 Kunstführern in 28 Jahren.
So wie Prof. Julius Berger in seinen virtuosen Cello-Zwischenspielen zum Festakt bewusst zwischen Klassik und Volksweisen variierte, so habe auch Schickling sich von beiden Sphären befruchten lassen, um seine „ekstatischen Konfessionen“ (ein Zitat Martin Bubers) zu schaffen, also seine Bekenntnisse im Schaffensrausch. Dass hier alles passe, wie Landrat Eder erstaunt feststellte, sogar die zwischen den Wegplatten hervorspitzenden Grashalme, wundere ihn nicht, sagte Bayerle. Auf geheimnisvolle Art spiele das Licht hier mit, umspiele alles freundlich.
Vor dem Festakt in der Veranstaltungshalle versammelte sich die Schar der Besucher in und vor der Hauskapelle, der Keimzelle dieses Anwesens, wo einst Schicklings Eltern sich ansiedelten und im Günztal eine neue Heimat fanden nach ihrer Flucht aus dem Osten.
Bei diesem von Andreas (Blockflöte) und Aris Kammenos (Cello) klangsinnlich umrahmten Auftakt machte sich Dr. Florian Schuller, ehemaliger Direktor der Katholischen Akademie Bayern, gehaltvolle Gedanken über „Das Zeichen“ von Schalom Ben-Chorin, einem der großen Vermittler zwischen Juden- und Christentum.
Freunde, dass der Mandelzweig wieder blüht und treibt,
ist das nicht ein Fingerzeig, dass die Liebe bleibt?
Schalom Ben-Chorin